Mit dem Kajak im wilden Norden des Baikalsees
Am 1. Juni starteten zehn Männer und Frauen Richtung Sibirien. Zunächst ging es von Frankfurt mit den Flugzeug in 3 ½ Stunden nach Moskau. Dann folgte ein 6-stündiger Inlandsflug nach Irkutsk, wo sich die Gruppe mit ihrem Guide traf, der auch die Boote für die Tour bereitstellte. Das Ziel der Paddler war der Norden des riesigen Gewässers. Es ist der älteste Süßwassersee der Welt und mit über 1600 Meter ist er auch der tiefste See weltweit. Der Bodensee würde etwa 500-mal da reinpassen. Da es weder eine Straße, noch eine direkte Bahnverbindung in den Norden gibt, mussten die Rastatter auf der Transsibirischen Eisenbahn erst einmal nach Nord-Westen fahren. Bei dem Zug handelte es sich aber nicht um die Luxusvariante, mit der zahlungskräftige Touristen von Moskau nach Peking oder Wladiwostok fahren, sondern um eine schlichtere Version, mit der die Einheimischen verkehren. Nach 800 km stoppte der Zug in Taischet, einem kleinen Städtchen in der Taiga. Dort wurde nicht nur die Lokomotive sondern auch die Fahrtrichtung gewechselt. Nun ging es auf der Baikal-Amur. Magistrale (BAM) nach Nord-Osten weiter. Am 4. Juni gegen Mittag erreichte der Zug nach 39 Stunden endlich Sewerobaikalsk, ein Städtchen an der Nordspitze des Sees. Nach der Fahrt mit einem Kleinbus nach Baikalskoye, einem kleinen Dorf 30 km weiter südlich, waren die Paddler am Startpunkt ihrer Paddeltour angekommen. Nun galt es, die gesamte Ausrüstung und die Verpflegung für 10 Tagee in den kleinen Kajaks zu verstauen. Auf glasklarem Wasser begann die Fahrt erstmal kalt und nass. Die Wassertemperatur lag bei 3°C, die Luft war nicht viel wärmer. Gegen Abend wurden die Zelte aufgebaut, auf dem Kiesstrand ein Lagerfeuer eingerichtet. Der Guide bereitete in einem eigens mitgeführten Kessel eine dicke Suppe vor.
Nach einer verregneten Nacht in den mitgeführten Zelten gab es am nächsten Morgen Reisbrei und Kaffee zum Frühstück. Auch der zweite Paddeltag war verregnet. In den bis zu 2500 Meter hohen Bergen, die den See umsäumten lag noch Schnee. Am Seeufer gab es kilometerlange Eisfelder, die ein Anlanden unmöglich machten. Unverdrossen zogen die Paddler weiter nach Süden.
Am 3. Seetag dann endlich der Wetterumschwung. Strahlender Sonnenschein und ein spiegelglatter See hellten auch die Stimmung unter den Paddlern auf. An einem Rastplatz fanden sich Fußspuren und Kot von Braunbären.
Nach dem 4. Paddeltag wuchs auch der Wunsch, sich endlich mal so richtig zu waschen, so dass sich die ersten Mutigen überwanden und in den eisigen Fluten des Baikalsees badeten.
Irgendwann stießen die Kanuten auf die Hütte eines Trappers. Der getrocknete Fisch, den er den ausländischen Besuchern verkaufte, war eine willkommene Bereicherung des Speiseplans der Rastatter.
Die Paddler erreichten das Biosphärenreservat. Auf den nächsten 70 km war das Betreten des Ufers bei Strafe verboten. Allerdings gab es auf halber Distanz eine Enklave auf der sich eine Wetterstation befand. Dieser Bereich durfte betreten werden und wurde von der Gruppe als Zwischenstation genutzt.
Zur Überwachung des Reservats gab es Ranger Stationen, zwischen denen ein oder zweimal am Tag ein Motorboot patrouillierte. An exponierten Stellen gab es auch Überwachungskameras. Einmal stand die Rastatter Kajak-Armada auch unter Beobachtung einer Drohne.
Dann endlich kam es zur ersten Sichtung von Braunbären. Eine Bärin mit ihren halbwüchsigen Sprösslingen stöberte am Ufer nach Fressbarem.
Das Wetter schlug um. Es kam Wind auf und mit dem Wind kamen die Wellen, die den Kanuten einiges abverlangten. Dennoch schafften es alle ohne Kenterung bis ans Ende des Schutzgebietes.
Am nächsten Tag war der Wind so stark, dass an paddeln nicht zu denken war. Die Zwangspause konnte für Wanderungen in die Berge oder einfach zum Faulenzen genutzt werden.
Am nächsten Tag ging es wieder mit Bilderbuchwetter weiter nach Süden.
Nach insgesamt 10 Paddeltagen schlug die Gruppe zum letzten Mal ihr Lager auf einer Kiesbank auf. Am Nächsten Morgen tauchte ein Schiff auf, das die Paddler zurück in die Zivilisation bringen sollte. Die Boote wurden aufs Schiff verladen.
Nach 5 Stunden setzte der Kapitän das Schiff in einer Bucht bei Chernorud, südlich der Insel Olchon, auf eine Sandbank. Von dort musste die ca. 30 Meter hohe Klippe über eine abenteuerlich anmutende Leiter bestiegen werden. Oben auf der Klippe stand eine Herberge, die aus mehreren Holzhäusern bestand.
Der absolute Höhepunkt war die Banja, die man extra für die Paddler eingeheizt hatte. In dieser russischen Sauna-Version konnte man sich von Ruß und Dreck befreien und die Wärme genießen.
Am nächsten Morgen waren noch 250 km bis Irkutsk mit dem Auto zu bewältigen. Es hieß Abschied nehmen vom Guide, der sich auf seine lockere russische Art hervorragend um die gesamte Logistik der Tour gekümmert hatte.
Einige Paddler machten noch drei Tage Zwischenstation in Moskau. Für uns alle wird diese Tour ein unvergessliches Erlebnis bleiben